Ist diese Distribution besser als das Original Arch Linux oder als Manjaro? Kann man diese Frage überhaupt beantworten?
Wenn ich die aktuelle Situation bei den Arch-Derivaten in einem Satz zusammenfassen soll, würde ich es so formulieren: Alle sind gegen Manjaro; trotz archinstall traut sich der Distro-Hopper-Mainstream doch nicht so richtig an das Original-Arch heran; alle lieben EndeavorOS. Das ist eine sehr verkürzte Sichtweise, der man gerne widersprechen kann. Da unsere letzte EndeavourOS-Vorstellung schon über ein Jahr her ist, wird es Zeit für einen ganz kurzen Blick auf die aktuelle Version Cassini Nova vom Mai dieses Jahres.
Das ISO-Image lädt man hier herunter und probiert es in einer virtuellen Maschine aus. Nach dem Booten in die Live-Umgebung geratet ihr auf einen Xfce-Desktop der euch mit dieser Welcome-App begrüsst.

Nach einem Klick auf 'Start the Installer' läuft Calamares los, wobei man zwischen einer Offline- und Online-Installation wählen kann. Offline gibt es nur Xfce als Desktop-Umgebung; bei der Online-Option werden diese Desktops geboten: kein Desktop, Xfce 4, i3-wm, KDE Plasma, GNOME, Cinnamon, Mate, Budgie, LXQT, LXDE. Als Filesystem gibt es ext4, btrfs und xfs zur Auswahl. Ich habe mich für GNOME und ext4 entschieden. Viel mehr gibt es zur Installation nicht zu sagen; sie ist sehr einfach; kann jede Schüler:in.
Während bei euch der Installationsprozess läuft, könnt ihr den Artikel von Dave McKay lesen, in dem er beschreibt, warum er von Manjaro auf EndeavourOS umgestiegen ist. Darin erfahrt ihr unter anderem, dass Endeavour wesentlich Arch-näher als Manjaro ist. Endeavour verwendet die Arch-Repositories, während Manjaro als kuratiertes Rolling-Release, die cutting edge Pakete von Arch ein paar Wochen zurückhält, bevor sie in Manjaro-stable landen.
Nachdem ihr den letzten Absatz gelesen habt, sollte eure Test-Installation von EndeavourOS fertig sein. Falls dem nicht so ist (wie bei mir), könntet ihr euch fragen, was denn überhaupt der Unterschied zwischen Arch und Endeavour ist, wenn beide doch dieselben Repos verwenden. Einen Unterschied haben wir schon kennengelernt: Calamares als Installer. Doch es gibt noch mehr.

So präsentiert sich EndeavourOS direkt nach dem Installations-Neustart. Ich halte es für gut, wenn sich eine Distribution die Mühe macht, eine Begrüssungs-App zu schreiben. Das ist besonders für Anfänger oder Umsteigerinnen ein Segen, die noch nicht mit Arch-Linux in Berührung gekommen sind. Ob solche Anwender:innen allerdings wissen, ob sie die Mirrors von Reflector oder EndeavourOS aktualisiert haben möchten, wage ich zu bezweifeln.
Ich habe die Endeavour-Mirrors gewählt, alle System Updates durchführen lassen und den Update Notifier eingerichtet. Die Welcome-App bietet viel mehr, als man von ähnlichen Begrüssungsanwendungen gewohnt ist. Hier seht ihr alle Reiter:





Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Die Welcome-App erklärt sich selbst, wenn man im ersten Reiter auf Über Welcome klickt. Beim Update-Notifier kann man einstellen, ob und wann das Betriebssystem nach Paketaktualisierungen Ausschau halten soll.

Es gibt sogar einen Dry-run (Operation test) und eine Statusanzeige, wie sie rechts im Screenshot zu sehen ist.
Um die Paketverwaltung kümmert sich selbstverständlich Pacman. In der Welcome-App gibt es jedoch den Reiter "Füge mehr Programme hinzu". Dort findet man eine Zusammenstellung von ca. 50 beliebten Anwendungen aus verschiedenen Kategorien:

Die drei übrigen Schaltflächen in diesem Reiter führen lediglich zu den entsprechenden Katalogen im Arch-Linux-Wiki. Eine umfassende grafische Paketverwaltung (wie Pamac bei Manjaro) fehlt bei EndeavourOS. Auch ist die Unterstützung von Flatpaks nicht vorinstalliert, was jedoch kein Problem ist. Sobald man das erste Flatpak von Flathub.org installiert, wird die Flatpak-Unterstützung auf Nachfrage gleich mitinstalliert.
An der GNOME-Desktopumgebung hat das EndeavourOS-Team keine Veränderungen vorgenommen. GNOME-Erweiterungen sind keine installiert. Es wird lediglich ein einziges Hintergrundbild und (neben Adwaita) das Thema Qogir mitgeliefert.
Fazit
Auf mich macht EndeavourOS einen guten Eindruck. Mit dem Calamares-Installer geht die Installation sogar leichter vonstatten als bei Manjaro und viel einfacher als mit dem Arch-Installer. Mit ihrer Fülle an Informationen und Werkzeugen ist die Welcome-App eine Bereicherung, insbesondere für Einsteiger:innen in die Arch-Welt. Man kann geteilter Meinung darüber sein, ob eine Distribution Anpassungen an der Desktop-Umgebung machen soll. Ich hätte mir ein wenig Endeavour-Feeling im GNOME Desktop gewünscht.
Quelle: https://endeavouros.com/
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